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Man muss immer daran glauben. Die bewegende Geschichte von Barbara

 

Das unglaubliche Schicksal einer aussergewöhnlichen Kämpferin, die ihren Glücksstern nie aus den Augen verloren hat.

Man muss immer daran glauben

Warum Barbara an dem Tag in Tränen ausbrach, als sie ihr Bachelor-Diplom in Psychologie von der FernUni Schweiz überreicht bekam?

Welche Rolle spielte Alt-Bundesrat Adolf Ogi im Leben dieser Frau, deren Lebensweg so plötzlich durchkreuzt wurde, deren Geschichte aber auch Mut macht?

Das unglaubliche Schicksal einer aussergewöhnlichen Kämpferin, die ihren Glücksstern nie aus den Augen verloren hat.

Barbara kann nur einen Rat geben:

In schwierigen Zeiten, in denen Zweifel unsere Pläne wie ein Tsunami überfluten, muss man eine kleine Flamme am Brennen halten, denn sie ist in der Lage, alle Unsicherheit zu vertreiben.

Barbara Depraz Absolventin Psychologie an der FernUni Schweiz

Die Mittfünfzigerin weiss, wovon sie spricht.

Es ist Oktober 1998. Sie verfrachtet ihre fünf Jahre alten Zwillinge auf der Rückbank ihres Autos und schliesst zuletzt den Gurt des Kindersitzes ihres Jüngsten und Dritten Benjamin, damals drei Jahre alt.

Sie sind auf dem Weg zum Flughafen Zürich, weil einer ihrer Söhne seine Patin in Japan besuchen wird.

Aber es kommt alles anders. Barbara und ihre Familie haben einen schlimmen Verkehrsunfall.

Mit einer Gehirnerschütterung und mehreren Knochenbrüchen liegt sie wenig später in der Notaufnahme eines Spitals. «Meinen drei Kindern ist sicherlich deswegen nichts passiert, weil sie alle gesichert und angeschnallt waren», sagt sie.

Für die junge Mutter beginnt ein langer Leidensweg: Gedächtnisverlust, Störung des Kurzzeitgedächtnisses, Schwierigkeiten mit der Feinmotorik.  

«Ich konnte noch nicht einmal mehr einen Zweifränkler aus meinem Portemonnaie ergreifen.»  Und dann diese ständige Kraftlosigkeit und die Depression, die all ihre Hoffnung auf Heilung zunichtemacht.

Die Ärzte sind wenig optimistisch, dass sich ihr Zustand bessert.  Und geben ihr den Rat, sich mit dem Schicksalsschlag abzufinden, der ihr Leben von einer Sekunde auf die andere auf den Kopf stellte.  Vor ihrem Unfall war sie für zwei Unternehmen im Finanzbereich tätig, jetzt ist sie nur noch ein Schatten ihrer selbst. Mit der wenigen Energie, die ihr noch geblieben ist, versucht sie, sich um ihre Familie zu kümmern.  

Die Reise nach Osaka, die am Tag des Unfalls ein jähes Ende nahm, sollte schliesslich nachgeholt werden. Barbara Depraz, die trotz Rückenverletzungen vorzeitig das Spital verlassen hat, will ihren Sohn unbedingt verabschieden.  

«Da er allein reiste, ging ich kurz in das Flugzeug, um mit der Stewardess zu sprechen, die sich um ihn kümmern sollte.»  Da bekam sie ein Gespräch zwischen Adolf Ogi und Mitgliedern seines Kabinetts mit. Der damalige Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport war ebenfalls auf dem Weg nach Japan.  

«Ein Satz, den er sagte, löste etwas in mir aus», erinnert sie sich.

Man muss immer daran glauben. 

Diese wenigen Worte tanzen in ihrem Kopf herum und wecken ihre Lebenskraft.  

Doch leidige und häufige Migräneanfälle lähmen sie. Auch ihre Zähne tun ihr weh. Ohne richtige Behandlung würden sie ausfallen, diagnostiziert ihr Zahnarzt. Monate nach der kieferorthopädischen Behandlung verschwinden die Kopfschmerzen.  

«In diesem Moment machte es bei mir Klick. Ein bisschen so, als hätte der Autounfall mich in eine tiefe Felsspalte unter Wasser gedrückt und ich hätte plötzlich den Weg zurück an die Oberfläche gefunden. 

Sie sucht nach Möglichkeiten, etwas gegen die Kraftlosigkeit zu tun, wieder zu sich selbst zu finden und das Gedächtnis zu stimulieren.  «Ich besuchte Mal- und Architekturkurse, weil exaktes Zeichnen eine hohe Geschicklichkeit erfordert.  

Ich habe mit unzähligen Sportarten angefangen. Ich wollte meine Bewegungen wieder kontrollieren können, koste es, was es wolle.»  Und dann waren da noch die Gedächtnisschwierigkeiten. Kreuzworträtsel, Spiele, Leseversuche, die am Anfang scheiterten, weil die gelesenen Worte sofort wieder vergessen waren.  

Aber so wie eine Kunsthandwerkerin, die es immer wieder zu ihrem Werk zieht, begibt sie sich auf ihren ganz persönlichen Kreuzzug.

Sie hatte gelernt, dass sich nach einem Schädeltrauma neue Verknüpfungen bilden müssen, um geschädigte Gehirnfunktionen zu reaktivieren.

Jede Handlung ist in sich eine Errungenschaft. Durch die Erschöpfung – eine Folge ihrer Verletzungen und der Einnahme von Medikamenten, die gegen das posttraumatische und depressive Syndrom helfen sollen – fällt ihr jede Bewegung schwer.

Dazu sind da auch noch ihre Kinder, die Zeit, Aufmerksamkeit und Energie fordern. Ein Umfeld, das nur ihr Bestes will, aber sie bei ihrem Kampf nicht unterstützt oder überzeugt davon ist, dass sich ihr Zustand je ändern wird. Und dann?

«Ich fing an, ganz langsam die tägliche Medikamentendosis zu verringern. Ich wusste, dass die Medikamente zu einem grossen Teil für meine Kraftlosigkeit verantwortlich waren.»

Sie fühlt sich Stück für Stück belastbarer und einige Monate später setzt sie die Medikamente ganz ab – entgegen Anraten der Ärzte und ihrer Familie.

Barbara weiss, dass sie einen Schritt weitergekommen ist, nachdem ihre Mobilität wieder vollständig hergestellt ist. Aber eben nur einen Schritt, weil sie die kleinen grauen Zellen wieder fit machen muss, die durch die Gehirnerschütterung durcheinandergeraten sind.

Sie wird durch eine Anzeige auf die FernUni Schweiz aufmerksam, die Berufstätigen oder Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen die Möglichkeit bietet, online zu studieren.

«Zwei Studiengänge würden mir sicherlich zu viel abverlangen, dachte ich. Sollte ich mich für Jura oder für Psychologie entscheiden? Ich entschied mich schliesslich für Letzteres, ein Gebiet, das mir völlig fremd war.»

Mehrere Monate nimmt sie gewissenhaft an den von der Fakultät angebotenen Psychologiekursen teil. Aber das gestaltet sich schwierig, weil sie sich das, was sie lernt, nicht merken und speichern kann. Unermüdlich liest sie jedes Wort, liest es wieder und wieder. Wiederholt sie innerlich. Vergeblich.

Was für ein Rückschlag ... und jetzt? Seitdem sie ihren Kampf aufgenommen hat, verläuft nichts geradlinig.

«Ein Schritt nach vorn, mehrere wieder zurück. Sie macht nur langsam Fortschritte und die Herausforderungen werden nicht weniger, im Gegenteil.

Immer wieder fällt ihr der Satz von Adolf Ogi ein: «Man muss immer daran glauben.» In der Zeit als sie viele Kurse besuchte, sind ihr so vielen Menschen aus verschiedenen Disziplinen begegnet und sie alle haben ihren Horizont erweitert.

Zwei Jahre später wollte sie es wieder wagen. Nichts und niemand konnte sie daran hindern, ihr Studium wieder aufzunehmen.

Seit ihrer Kindheit musste sie mit den Widrigkeiten des Lebens zurechtkommen, was sie unglaublich stark machte.

Sie vertieft sich also wieder in ihre Psychologiebücher. Ihr Gedächtnis wird immer leistungsstärker. Sie vernetzt sich mit anderen Studierenden, die wie sie Ausserordentliches leisten.

«Berufsleben und Studium in Einklang zu bringen, ist ein Kraftakt, der kaum zu bewältigen ist, wenn man sich nicht gegenseitig unterstützt. 

Und dann die Dozierenden. Sie wissen um die Schwierigkeiten, mit denen ihre Studierenden zu kämpfen haben. Sie setzen sich unermüdlich für sie ein. Sie freuen sich über jeden ihrer Erfolge.

«Ich denke an Professor Sander und seine Vorlesung über Emotionen, die mir darüber die Augen öffnete , was alles möglich ist.» Die Psychologie, die Barbara eigentlich mehr durch Zufall gewählt hatte, wird für sie zur Passion.

Im Laufe der Semester kehrt ihr abhanden gekommenes Selbstvertrauen zurück. Hat das Leben beschlossen, ihr wieder zuzulächeln?

Nach den langen Monaten, in denen sie beinahe andächtig den Kursen gelauscht und sich völlig in deren Bann hat ziehen lassen, macht sie schliesslich ihren Bachelor in Psychologie.

Barbara bekommt ihr Bachelor in Psychologie an der FernUni Schweiz

Es scheint, dass der Zufall manchmal seltsame Wege geht, um diejenigen an seine Existenz zu erinnern, die ihn vergessen haben.

Der Beweis? Die FernUni Schweiz lädt für gewöhnlich eine Persönlichkeit zu den Diplomverleihungen ein. In jenem Jahr war ausgerechnet Adolf Ogi Gastredner.

Und als der Alt-Bundesrat Barbara Depraz das wertvolle Dokument überreicht, bringt sie kein Wort heraus. Die Tränen fliessen, weil der Mann, der vor ihr steht, ihr ohne es zu wissen Kraft gegeben hat, diese scheinbar unüberwindbare Mauer zu durchbrechen.

Absolventen in Psychologie FernUni Schweiz

Die frischgebackene Bachelor-Absolventin schreibt sich für den Master-Studiengang ein. Aber finanzielle Schwierigkeiten zwingen sie, schnell eine Festanstellung zu finden.

«Ich fing in einem Metallurgieunternehmen als Finanz- und Personalleiterin an.»

Ein Jahr später gibt es einen Eigentümerwechsel und ihr wird die Leitung des Unternehmens übertragen. Sie leitet nun ein Team von rund dreissig Mitarbeitenden und steht vor neuen Herausforderungen:

Entwicklung der industriellen Aktivitäten und Gestaltung eines integrativen Managements.

«Mit anderen Worten, ein ganzheitlicher Ansatz von Teamleitung, der auf den Grundsätzen Wohlwollen, Nachhaltigkeit und Innovation beruht.»

Heute sagt Barbara, dass sie viel Glück hatte.

Wer darüber erstaunt ist, dem antwortet sie, dass ihr das Schlimmste erspart geblieben sei.

Dass für sie das Licht, das sie auf ihrem Weg begleitet hat, und das jeden von uns begleitet, nie aufgehört hat zu leuchten.

Und alle Menschen, die ihren Weg gekreuzt haben, bekommen unweigerlich Strahlen dieses Lichts ab.

Barbara ist sicherlich unter einem Glücksstern geboren, um Licht in das Leben der Menschen zu bringen, die am (ver)zweifeln sind.

Kategorien : Incredible Heroes