Vor Sorgen und temporärer Überforderung ist niemand gefeit. Was aber, wenn ständig Zweifel das Lernen behindern? «Das schaff ich nie und nimmer - ich bin sowieso falsch hier – und irgendwann merkst du bestimmt, dass ich fürs Studium zu dumm bin…!» Solche quälende Gedankenketten sind gar nicht so selten. Was du tun kannst, wenn deine eigenen Gedanken dich und deine Ziele sabotieren, erfährst du hier.
«Ich bin einfach zu doof dafür.»
«Ich wusste es ja, dass ich ein Studium nicht schaffe!»
«Wann merken die eigentlich, dass ich zu gar nichts nutze bin?»
Beim Lernen kann ein Gefühl von Überforderung immer mal wieder auftreten. Schliesslich geht es ja darum, sich neuen Situationen auszusetzen, die Komfortzone zu verlassen und die eigenen Fähigkeiten zu entwickeln. Zweifel gehören also dazu.
Wachsamkeit ist aber angebracht, wenn Lern- oder Leistungssituationen wiederholt oder sogar regelmässig von Gedanken begleitet sind, die nicht nur zweifeln, sondern uns unsere Fähigkeiten grundsätzlich absprechen.
Hast du manchmal das Gefühl, eine innere kritische Stimme sabotiert dich immerzu? Meldet sie sich dann besonders gerne, wenn du dich zum Lernen hinsetzt oder in einer Prüfungssituation befindest? Behauptet sie gerade dann, dass du dumm oder unfähig bist oder den Anforderungen gar nicht genügen kannst? Dann solltest du dir etwas Zeit nehmen und dich damit auseinandersetzen. Solche «Saboteur-Gedanken» beim Lernen sind quälend, zeitraubend und sie gefährden deinen Erfolg.
Die gute Nachricht ist: Du kannst etwas dagegen tun!
In Lern- und Leistungssituationen brauchen wir einen klaren Kopf und möglichst freien Zugang zum Gelernten. Selbstvertrauen ist dafür die beste Basis. Wie soll es sich aber entfalten, wenn ein innerer Kritiker jeden einzelnen Schritt gnadenlos und negativ kommentiert?
Viele Studierende berichten davon. Paradoxerweise sogar dann, wenn – selbst bei kritischer Betrachtung! – vollkommen klar ist, dass sie sich alles bisher Erreichte durch solide, gute Leistung erarbeitet haben.
Es lohnt sich also, sich ab und zu vor Augen zu führen, dass niemand ein Studium «einfach so» aufnimmt, ohne einen fachlichen oder persönlichen Hintergrund, der sie an diese Stelle geführt hat.
Sich selbst zu sagen: «Du bist nicht zufällig hier. Du hast dir das (hart) erarbeitet» ist schon einmal ein guter Anfang gegen den quälenden inneren Kritiker.
Noch mehr Klarheit bringt eine Liste mit den persönlichen Erfolgen der letzten Jahre – und nicht selten auch Stolz und Zufriedenheit.
Wer sich schwertut mit einer solchen Liste, könnte Freunde, Kolleginnen und Familienmitglieder fragen: «Weshalb, glaubst du, habe ich Chancen, dieses Studium oder diese Prüfung zu bestehen?» All dies hilft, dem oft vagen oder globalkritischen inneren Quälgeist harte Fakten entgegenzusetzen.
«Unfähig? Ich? Mit all dem, was ich schon erreicht habe…? Sicher nicht.»
Dem römischen Philosoph Seneca wird dieses Zitat zugeschrieben:
«Es sind nicht die Ereignisse, die uns beunruhigen, sondern unsere Meinung über die Ereignisse.»
Er hat vorweggenommen, was die kognitive Verhaltenstherapie heute ebenfalls betont: Es sind unsere Gedanken, die unser Verhalten und unsere Gefühle beeinflussen – und gerade nicht die Situation. Ein einfaches Beispiel kann dies erläutern:
In einem Saal sitzen Studierende, denen gerade Prüfungsaufgaben ausgeteilt wurden.
Prüfling A denkt: «Ojemine, das schaffe ich nie. Das ist viel zu schwierig.»
Was ist die Konsequenz dieser Gedanken? Seine Körperhaltung wird möglicherweise anders, er fühlt sich zunehmend bedrückt und beginnt, frenetisch nach einer leichteren Aufgabe zu suchen, während seine Gedanken schon beim Prüfungsresultat kreisen: «Das gibt bestimmt wieder eine schlechte Note – und dann werde ich durchfallen, und das wäre eine Katastrophe, weil …»
Neben ihm sitzt Prüfling B, die ganz anders auf die genau gleiche Situation reagiert: «Uff – das ist echt schwierig. Aber ich kann das schaffen, wenn ich so vorgehe, wie ich es geübt habe: Schritt für Schritt. Schauen wir mal, was könnte mein erster Schritt sein…?»
An diesem – zugegeben, etwas plakativen Beispiel wird ersichtlich, was in einer Leistungssituation für ein gutes Ergebnis notwendig ist: Gedanken, die der positiven Selbststeuerung in der gerade vorliegenden Situation dienen.
Während sorgenvolle Gedanken oft um Vergangenes («ich war ja noch nie gut in XY») oder Zukünftiges («wenn ich das nicht schaffe, dann …») kreisen, geht die Gegenwart fast vergessen.
Was liegt aber – beim Lernen ebenso wie in der Prüfungssituation – jetzt gerade an? Es sind Aufgaben zu lösen. Deshalb hilft es, sich klarzumachen, was JETZT gerade passiert oder welche Handlung notwendig ist.
Solche Gedanken helfen dir, deine Aufgaben zu fokussieren:
Hilfreich könnte es auch sein, eine kurze Pause einzulegen, um etwas Abstand zur Situation zu gewinnen oder dem Gehirn einen Moment der Entspannung zu gönnen. Selbst ganz kurze Pausen von 20 Sekunden bis 2 Minuten können einen grossen Effekt auf die Leistung haben.
«Denk doch einfach positiv!» Das ist ein, in solchen Situationen, oft gehörter Rat. Im Grunde ein durchaus verständlicher Rat, wenn wir daran denken, was Seneca sagte. Die Art und Weise, wie wir über ein Ereignis denken, bestimmt, wie wir darüber fühlen. Warum dann nicht einfach bewusst und ausschliesslich positiv darüber denken?
Nun mag das «positive thinking» für viele Alltagssituationen ja nützlich sein. Im Zusammenhang mit dem Lernen oder Studieren führt Überoptimismus aber meist direkt ins Verderben.
«Soll ich das lernen? Ach nein, das kann ich dann schon…»
«Wird schon klappen!»
«Du gehst hin und machst die Bestnote!»
Nett gedacht – aber auch hilfreich? Eher nicht. Denn solche Gedanken führen nicht zu einer angemessenen Handlung. Im Gegenteil, sie liefern uns die Entschuldigung dafür, jetzt nichts zu tun (nämlich zu lernen, mich anzustrengen, Grundlagen zu üben, Wichtiges zu wiederholen etc.).
Schauen wir doch mal, womit sich quälende Gedanken in der Regel befassen – ganz konkret. Wie wir bereits gesehen haben, drehen sie sehr oft um die Vergangenheit oder die Zukunft. Wir verlieren also wichtige Zeit mit etwas, was im Augenblick nicht wichtig ist.
Wichtig sind jetzt nur die Aufgaben, die gerade vor mir liegen. Was ist also naheliegender, als in der Lern- oder Leistungssituation alles, was nicht gegenwärtig ist, auszusperren?
Betroffene profitieren davon, wenn sie erst einmal lernen, «Stopp» zu sagen. Sag «Stopp» zu allem, was dich davon abhält, dich mit dem Wesentlichen zu beschäftigen.
«Stopp – das ist jetzt nicht wichtig. Wichtig ist jetzt…» Dieses Signal ist der erste Schritt, um aus dem Gedankenkarussell auszusteigen – um uns wieder dem zu widmen, was jetzt wirklich notwendig ist.
Besser: Bleib trotzdem am Arbeitstisch und räum ihn auf, ordne dein Material oder deine Gedanken. Etwas Einfaches zu erledigen hilft dir, das nötige Selbstvertrauen zu gewinnen, um danach weiterzuarbeiten.
Viele Sportler/innen profitieren von dieser Art des Mentaltrainings: Statt, dass sie in schwarzen oder negativen Gedanken kreisen, visualisieren sie ihren Erfolg. Marathonläufer/innen beispielsweise sehen sich glücklich an der Ziellinie oder Stabhochspringer/innen stellen sich ganz genau vor, wie sie die Latte ohne Berührung überwinden.
Diese Form der Visualisierung hat mit einem oberflächlichen «Du schaffst das doch mit Links» nichts zu tun. Auch erfordert sie oftmals etwas Übung.
Du kannst gleich damit anfangen: Schliesse kurz die Augen und stell dir vor, wie du begeistert, konzentriert und mit sehr viel Selbstvertrauen ein schwieriges Lernthema anpackst. Nimm dir ruhig etwas Zeit und male dir bildhaft aus, wie gut und erfolgreich du deine Aufgaben erledigst.
Spürst du die positive Energie? Bade ruhig ein wenig in diesem guten Gefühl. Es hilft dir, deine Bestleistung zu erbringen.