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Wie kannst du deine Stärken nutzen, um im Studium erfolgreich zu sein

Geschrieben von Katrin Piazza | 23.08.22 07:35

Bist du ein Teamplayer oder siehst du dich als Einzelkämpfer/in?Arbeitest du gerne genau nach Plan oder blühst du unter Druck auf?

Es ist gut, die eigenen Stärken im Studium auszuspielen. Noch besser ist es, neue Stärken zu entwickeln.

 

 

Wie gehst du Herausforderungen methodisch an?

Läufst du in schwierigen Situationen zur Hochform auf oder brauchst du eher den ruhigen, stetigen Fluss?

Arbeitest du gerne im Team oder fühlst du dich in der Stille wohler?

Bist du begeistert und voller Ideen, wenn dir neue Aufgaben übertragen werden, oder erledigst du sie lieber nacheinander?

Vielleicht hast du es während deinem Studium ja auch schonmal erlebt, dass du zwar wie gewohnt an eine Herausforderung heran gegangen bist, mit der bisherigen Methode aber gescheitert bist?

Das ist gar nicht so ungewöhnlich. Schliesslich bringt ein Studium nicht selten ganz neue, speziell herausfordernde Situationen mit sich. Einige Studierende tun sich schwer damit, flexibel auf neue Herausforderungen zu reagieren. Sie versteifen sich gerne auf eine Stärke – beispielsweise: Willenskraft, Disziplin – und lassen andere nützliche Werkzeuge – wie beispielsweise: Kreativität, Forschergeist – unbeachtet liegen.

Dann ist es Zeit, den persönlichen Lernstil zu überdenken und weiterzuentwickeln.

 

Lernstil VS Lerntyp

 

Wenn du deinen eigenen Lernstil gefunden hast, kannst du mit individuellen, bewährten Strategien auf die verschiedenen Herausforderungen im Studium reagieren. Du kennst deine Bedürfnisse, Herausforderungen und Fähigkeiten und wendest verschiedene Methoden so an, dass du dich damit wohl fühlst und gute Ergebnisse erzielst. Du passt deine Lernstrategien an die tatsächlichen Herausforderungen an. Kurz gesagt: Du weisst, wie du was am besten und erfolgreichsten lernst.

Das kann beispielsweise bedeuten, dass du dich in der Vorbereitungsphase einer grossen Arbeit am besten mit anderen besprichst, viele Notizen und Informationen sammelst und dich danach ins ruhige Kämmerlein zurückziehst, um zu schreiben.

Hier setzt du deine Fähigkeiten als Teamplayer/in und Einzelkämpfer/in variabel und bewusst ein.

Oder du weisst, dass du gerade in der Abfrage- und Repetitionsphase auf eine/n gute/n Lernpartner/in angewiesen bist, der oder die mit dir alles noch einmal durchdiskutiert und dir so hilft, dein Wissen zu vertiefen.

Hier kommt deine soziale Ader zum Tragen und hilft dir sowohl in Bezug auf deine Motivation als auch den Wissenserwerb.

Manche Studierende sagen von sich, sie seien «der visuelle Lerntyp» oder «der auditive Lerntyp» - und sie sind überzeugt, dass sie über Bilder respektive übers Zuhören am besten Lernen.

Es gibt verschiedene psychologische Theorien, die Menschen in Gruppen mit bestimmten Charaktereigenschaften einteilen. So gibt es auch Theorien, die behaupten, es gäbe bestimmte «Lerntypen».

Nun mag es zwar durchaus sein, dass der eine oder die andere sich in Beschreibungen solcher «Lerntypen» wiederfindet und einen Vorteil daraus zieht, ihr Lernen danach auszurichten. Skeptiker – zu denen wir gehören - werfen ein, es sei unmöglich oder unvorteilhaft, die individuelle Komplexität so stark auf drei oder vier verschiedene Methoden zu reduzieren und sie für alles anzuwenden – ungeachtet der Art oder Komplexität der Lernaufgabe.

Tatsächlich sehen wir eine gewisse Gefahr, dass du deine Möglichkeiten stark einschränkst, wenn du dich als lernendes Wesen beispielsweise strikte auf den «auditiven Lerntyp» einschränkst. Es gibt Lerninhalte, die sich grafisch sehr einprägsam darstellen lassen, während sie als reiner Hörtext eher verwirrend sein würden.

Der «Hörtyp» mag sich beim Abhören schwieriger Texte zwar immer noch wohl fühlen, unter Umständen sind seine Ergebnisse aber bescheiden. Aus diesem Grund sprechen wir lieber von einem «Lernstil» – der entwickelt werden kann – als von einem «Lerntyp» der als mehr oder weniger angeboren und statisch angesehen wird.

 

 

Wie erkennst du deine Stärken im Studium?

In einem ersten Schritt bringt dich eine einfache Frage auf die Spur: «Wie, wann, wo, mit wem erbringe ich mein Bestes?» Denk dafür an eine Lernerfahrung, bei der du dich rundum wohl gefühlt hast. So wohl, dass du deine Bestleistung abrufen konntest.

 

Erstelle jetzt eine Liste der Faktoren, die zu dieser positiven Erfahrung beigetragen haben. Darauf könnten beispielsweise Dinge stehen wie:

 

  • Der Unterricht war spannend und gut präsentiert.
  • Dieses Thema/dieser Studiengang interessiert mich sehr.
  • Ich konnte spannende Diskussionen darüber führen.
  • Meine Mitstudierenden haben mich inspiriert und motiviert.
  • Mir war immer ganz klar, was ich wann und wie zu lernen hatte.
  • Es hat mir Freude bereitet, mich im Thema zu vertiefen und es in Ruhe zu bearbeiten.
  • Mir hat die ruhige Arbeitsatmosphäre in der Bibliothek gutgetan.
  • Meine Dozierenden/mein Umfeld/meine Teampartner/innen haben grosses Vertrauen in mich gelegt.
  • Ich konnte weitestgehend alles selber gestalten und meine Ideen einbringen.

 

Sind die positiven Punkte gesammelt, denk an eine Lernsituation, in der du dich nicht wohl gefühlt hast oder die sogar komplett schiefgegangen ist.

 

Welche Faktoren waren jetzt am Werk und haben dich behindert? Viele Studierende berichten beispielsweise über folgende Erfahrungen:

 

  • Ich hatte keinen Plan, was überhaupt bis wann gemacht werden musste.
  • Es gab so viel zu tun, dass ich schlicht nicht wusste, womit ich beginnen sollte – also habe ich den Anfang immer wieder hinausgeschoben.
  • Die Atmosphäre im Team hat es mir nicht erlaubt, Fragen zu stellen oder meine Meinung einzubringen.
  • Der Stoff war so schwierig, dass ich Hilfe brauchte, um ihn überhaupt zu verstehen.
  • Meistens war ich zu sehr abgelenkt, um mich überhaupt ins Thema zu vertiefen.
  • Ich habe alles nur angetippt, es ist mir nicht gelungen, an etwas dranzubleiben.
  • Im Grunde interessieren mich nur wenige Teilbereiche in meinem Studium.

 

Gestalte, was du gestalten kannst

Eine ideale Lernsituation zu erwarten oder selbst zu schaffen, ist nicht einfach – und wahrscheinlich sogar zu viel verlangt. Manche Einflüsse oder Faktoren in einem Studium lassen sich nie vollständig kontrollieren. Über die Art und Weise, wie gelehrt wird, hast du kaum Einfluss. Ebenso wenig kannst du die Persönlichkeiten der Dozierenden und/oder Teammitglieder/innen verändern.

 

Konzentriere dich also lieber auf das, was du gestalten kannst.

Das sind: deine Arbeitsbedingungen, deine Haltung, deine Strategien, dein Verhalten.

 

Zugegeben, die eigene Haltung oder das Verhalten zu verändern, kann anfänglich sehr schwierig sein. Lernen geschieht ja bekanntlich nicht mitten in der Komfortzone, sondern eher an ihrem äusseren Rand – also dort, wo es ein wenig unangenehm wird. Umso wichtiger ist es, zu wissen, in welcher Umgebung und unter welchen Bedingungen du dich so wohl fühlst, dass du bereit bist, etwas Neues auszuprobieren oder ein Experiment zu wagen.

 

Wähle jetzt diese Faktoren bewusst aus, setze dich neuen Situationen vermehrt aus und beginne, sie häufiger aufzusuchen.

 

Führe eine Liste mit neuen Faktoren, die dir helfen, deine Bestleistung abzurufen.

 

Studienrelevante Stärken, ihr Nutzen und ihr Risiko

In einem Studium geht es nicht ausschliesslich um den Wissenserwerb, sondern auch darum, die eigene Persönlichkeit zu entwickeln. Deine Liste gibt dir erste Hinweise darauf, welche studienrelevanten Fähigkeiten du ganz gezielt entwickeln könntest.

 

Bist du beispielsweise sehr eigenständig und liebst es, «dein Ding» ganz alleine durchzuziehen, ist es dennoch wichtig, deine Teamplayer-Fähigkeit auszubauen. Es gibt kaum einen Arbeitsbereich, in dem Teamarbeit heute nicht gefordert wird.

 

Umgekehrt sollten ausgesprochene Teamplayer natürlich auch in der Lage sein, etwas von A bis Z alleine zu erledigen – nicht zuletzt, weil genau dies in Prüfungen von dir verlangt wird.

 

 

In der Folge stellen wir dir ein paar studienrelevante Stärken vor und zeigen auf, welchen Nutzen sie bringen, aber auch welche Risiken – oder besser: persönliche Entwicklungsfelder - sie allenfalls bergen könnten:

 

Stärke

Nutzen

Risiken / Entwicklungsfelder

Organisationstalent

effizient und effektiv

wenig Zeitverlust

mag es, Dinge zu erledigen

kann gut unter Druck arbeiten

Reflexion/Vertiefung leidet

Kreativität wenig ausgeprägt

Meinungsvielfalt fehlt

überschätzt eigene Kräfte

Soziale Ader

blüht im Team auf

kann andere motivieren

Meinungsvielfalt wächst

grössere Informationsmenge

Eigenständigkeit mangelhaft

Urteilsfähigkeit wenig ausgeprägt

(zu) grosses Harmoniebedürfnis

Übersicht kann verloren gehen

Kreativität

bringt hohe Motivation mit

grosser Ideenreichtum

kreative Umsetzung

Zufriedenheit mit eigener Arbeit

Ziele und Prioritäten fehlen

analytisches Denken leidet

Stressmanagement mangelhaft

Effizienz, Effektivität leidet

Forschergeist

hohe Motivation

gutes Allgemeinwissen

kreativ und innovativ

sieht Zusammenhänge

Teamfähigkeit wenig ausgeprägt

Ziele und Prioritäten fehlen

Gedächtnis für Details mangelhaft

Kritikfähigkeit

Reflexion ausgeprägt

sieht grössere Zusammenhänge

Vertiefung ausgeprägt

Urteilsfähigkeit stark

Blick für Details wenig ausgeprägt

Teamfähigkeit mangelhaft

wenig Meinungsvielfalt

Ideenvielfalt leidet

Logisches Denkvermögen

Analyse und Kritik ausgeprägt

Organisation ausgeprägt

Problemlöser-Geist

zielstrebig und effektiv

Empathie wenig ausgeprägt

Teamfähigkeit wenig ausgeprägt

Stressmanagement schwach

 

 

Entwickle und erweitere dein Stärken-Profil

Wenn du deine Stärken kennst und zu entwickeln gewillt bist, gewinnst du dadurch Erfahrungen und Werkzeug, um auch auf unvorhergesehene oder schwierige Situationen im Studium angemessen reagieren zu können.

Arbeitest du am liebsten alleine? Freue dich an dieser Stärke – aber setze dich bewusst Teamerfahrungen aus, um diese Fähigkeit zu trainieren.

 

Umgekehrt gilt auch: Wenn du nie alleine arbeitest, musst du deine Selbständigkeit trainieren.

 

 

Mach bewusst kleine Schritte und sei dir selbst gegenüber als Lernende/r in diesem Bereich geduldig und gnädig. Die ersten Schritte aus der Komfortzone heraus können ganz schön anstrengend sein! Oftmals hilft es, sich einem Lernpartner oder einer guten Kollegin anzuvertrauen und die ersten Schritte gemeinsam zu gehen. Ihr könnt euch gegenseitig motivieren oder auch mal trösten, wenn etwas schiefgeht.

 

Empfehlenswert ist auch ein Lernjournal, indem du festhältst, was gut funktioniert hat oder wo du auf Hindernisse gestossen bist. Vielleicht hilft es dir, wenn du deiner Stärke oder der neuen Fähigkeit einen Namen gibst.

 

Hier ein paar Beispiele:

 

  • «Ich nenne meinen neuen Skill ‚Durchziehen wie Hulk‘. Wenn ich etwas anfange, ziehe ich es durch, genau wie das grüne Ungeheuer Hulk, das nicht mehr stoppen kann, wenn es mal loslegt.»
  • «Meine neuen ruhigen Studierstunden nenne ich ‚Tiefenbohrung‘. Ich nehme mir die Zeit und Ruhe, mich einen Abend lang in etwas zu vertiefen. Ohne Ablenkung.»
  • «Meine Stärke ist mein ‚Eichhörnchen-Wesen‘. Ich sammle lange viele Informationen und häufe sie in kleinen Nestchen an. Später, wenn ich eine Arbeit schreibe, profitiere ich davon, dass ich viele Informationen einfügen kann.»

 

Hilfreich kann es auch sein, sich selbst zum Forschungsobjekt zu erklären und ein regelrechtes Experiment zu starten – mit Hypothesen, Zielen, Zeitrahmen, Beobachtung und Auswertung.

 

Hier zwei Beispiele:

  • «Hypothese: ‘Wenn ich mehr repetiere, komme ich besser mit und erlebe wieder mehr Freude am Studium.’ Ich entscheide mich dafür, jeden Tag eine halbe Stunde lang Gelerntes zu repetieren – und zwar im Zug auf dem Weg zur Arbeit. Ich notiere, wie oft es mir in den nächsten zwei Wochen gelingt und wie es mir dabei geht. Nach 14 Tagen werte ich das Experiment aus und treffe eine Entscheidung, ob es weitergeführt wird oder nicht.»

  • «Hypothese: ‘Ein Austausch mit Gleichgesinnten könnte meine Motivation stärken.’ Ich überlege mir Argumente und mögliche Vorteile einer Lernpartnerschaft. In den nächsten sieben Tagen spreche ich mindestens drei potenzielle Kollegen/innen an, die dafür in Frage kommen könnten. Mit ihnen bespreche ich Bedürfnisse, Risiken, Chancen und Rahmenbedingungen einer solchen Partnerschaft. Danach werte ich die gewonnenen Informationen aus und überlege mir das weitere Vorgehen.»


 

In Kürze:

  • Fleiss ist gut und recht. Wer seine Stärken richtig einsetzt, erlebt mehr Freude und Erfolg
  • In einem Studium geht es nicht nur um Wissenserwerb, sondern auch um Persönlichkeitsentwicklung
  • Mach dir bewusst, welche (zusätzlichen) Stärken dir in deinem Studium nützlich sein könnten
  • Wage bewusst kleine Experimente, um neue Stärken zu entwickeln