Brütest du stundenlang über den Büchern und denkst, bis dein Hirn raucht?
Vielleicht meinst du, das sei zum Studieren nötig?
Hier eine frohe Botschaft: Das ist es nicht! Im Gegenteil: Gerade bei Kopfarbeit lohnen sich Pausen ganz besonders.
Früher zeigten uns Computer an, wenn sie eine kleine Pause brauchten. Auf dem Bildschirm erschien eine Sanduhr – und alles fror für einige Sekunden ein.
Jeder wusste: Der Arbeitsspeicher war überlastet und im Hintergrund mussten Informationen abgespeichert werden. Und in dieser Zeit blieb uns nichts anderes übrig, als zu warten.
Inzwischen sind die Arbeitsspeicher grösser und unsere elektronischen Geräte unermüdlich.
Verführt uns das vielleicht dazu, zu denken, auch wir seien es?
Tatsächlich gleicht unser Gehirn eher dem älteren als dem jüngeren Modell des Computers: Es braucht ab und zu eine kleine Pause, um den Arbeitsspeicher zu leeren und den Lernstoff gut im Langzeitgedächtnis einzusortieren.
Nur – dummerweise erscheint da keine Sanduhr, die uns darauf aufmerksam macht, dass der Geist gerade überbeansprucht ist.
Dazu gehören unter anderen diese:
Jeder Leistungssportler weiss, wie wichtig Ruhe- und Regenerationsphasen sind, um überhaupt eine konstante Leistung zu erbringen.
Bei der Kopfarbeit geht dies leider oft vergessen. Dabei arbeitet das Gehirn sehr hart – gerade beim Lernen. Entsprechend profitiert es von Pausen.
Das hat der Arbeitspsychologe Otto Graf , Mitte des letzten Jahrhunderts, in einer vielbeachteten Studie nachgewiesen, erklärt die Lernexpertin Verena Steiner in ihrem Buch «Lernpower».
Graf liess seine Probanden drei Stunden lang verschiedene Zahlen addieren.
Keine schwierige Aufgabe, aber dennoch eine, die ein gewisses Mass an Konzentration erforderte.
Steiner: «Im Kontrollversuch ohne Pause begann die Leistung – das heisst, die Anzahl richtiger Additionen pro Minute – nach einer halben Stunde abzunehmen und je länger die jungen Leute rechneten, desto schlechter wurden sie.»
Graf wiederholte die Untersuchung, fügte kurze Pausen hinzu und untersuchte deren Einfluss auf die Additionsergebnisse in zwei unterschiedlichen Versuchsanordnungen:
Gruppe A: machte nach jeweils 45 Minuten eine Pause von zuerst 2, dann 4, dann 6 Minuten.
Gruppe B: machte alle 15 Minuten Pausen: 4 x ½ Minute, 4 x 1 Minute, dann 3 x 2 Minuten.
«Graf wies nach», so Steiner, «dass die Gruppe B mit den häufigeren – wenngleich sehr kurzen Pausen – zu signifikant besserer Leistung fähig war.
Derartige Mikropausen von etwa einer halben bis zwei Minuten Länge dienen dazu, den intensiv beschäftigten Geist immer wieder kurz zu entspannen.»
Otto Graf hat also eindrücklich gezeigt, dass selbst ganz kurze Pausen einen deutlich positiven Effekt auf die Leistung haben. Seine Probanden durften in der kurzen Pause einfach nur sitzen und gar nichts tun.
Vielleicht haben sie kurz den Kopf in die Hände gestützt, die Augen geschlossen oder tief durchgeatmet. Hier ein paar Beispiele, wie du deine Mikropausen sinnvoll verbringst:
Viele kreative Menschen und auch Wissenschaftler/innen, die sich intensiv mit einer Idee oder einem Problem beschäftigen, teilen eine überraschende Erfahrung.
Als sie das lange Grübeln resigniert aufgegeben hatten und sich einer anderen Aufgabe widmeten, erschien ihnen die Lösung wider Erwarten!
Sie hatten plötzlich diesen Geistesblitz: unter der Dusche, nach einem Erholungsschlaf, beim Spaziergang im Wald oder am Meer.
Dieser Zustand kann jedoch nicht ohne Vorbedingung eintreten: Der Entspannung muss eine lange, intensive Phase der gedanklichen Auseinandersetzung mit dem Problem vorausgehen.
So arbeitet der Verstand in der Ruhephase und sogar im Schlaf weiter an dem Problem – aber sehr viel kreativer, weil er weniger kontrolliert wird.
Nun ist es längst Allgemeinwissen, dass unsere Konzentration leidet, wenn wir uns gleichzeitig mit verschiedenen Dingen beschäftigen.
Tatsächlich erledigen wir beim Multitasking nicht zwei oder mehrere Dinge gleichzeitig, sondern wechseln sehr schnell zwischen verschiedenen Aufgaben hin und her.
Eine Meisterleistung des Gehirns – die aber ihren Preis hat: rasche Ermüdung.
Gute Mikropausen sind deshalb nicht Zeiten, in denen wir uns gedanklich weiterbeschäftigen.
Der Griff zum Smartphone ist verlockend – und wir fühlen uns durchaus entspannt, wenn wir uns damit beschäftigen. In Tat und Wahrheit ist eine solche Pause jedoch kontraproduktiv.
Denn einerseits muten wir unserem Gehirn damit weitere Anstrengung in Form von Informationsverarbeitung zu. Und andererseits wird es sehr schwierig, das Smartphone wieder wegzulegen.
Die Beschäftigung mit ihm empfinden wir ja als angenehm, während das Lernen eher anstrengend ist und manchmal sogar als unangenehm empfunden wird. Und wer tauscht schon gerne etwas Angenehmes mit etwas Unangenehmem aus?
1. In der Pause darf keine weitere Informationsverarbeitung stattfinden.
2. Die Pause soll dich motivieren zum Weitermachen.
Ständig reagieren, arbeiten, denken, erledigen, funktionieren…. Auf Dauer schadet uns die pausenlose Geschäftigkeit.
Wagen wir mal ein Gedankenexperiment:
Was wäre, wenn die Mittagspause wirklich erholsam wäre?
Wenn wir dabei nicht noch Mails checkten oder die Zeitung studierten?
Was wäre, wenn der Samstagabend oder Sonntag wirklich frei blieben?
Und falls nicht jeder Sonntag komplett frei sein kann, dann vielleicht jeder zweite?
Vielen treibt schon der Gedanke an wirklich freie Zeit den kalten Angstschweiss auf die Stirne – gerade im Studium.
Du musst lernen! Pausen kannst du dir gar nicht leisten! Den Rückstand holst du sonst nie mehr auf.
So oder ähnlich droht diese innere Stimme. Sie hat noch andere, typische Sprüche auf Lager:
Mach es sofort!
Sei perfekt!
Mach es noch besser!
Mach es allen recht!
Sei stark
Erkannt? Hier meldet sich deine innere Stimme.
Nun hat diese innere Stimme ihre guten Seiten.
Schliesslich sorgt sie dafür, dass du arbeitest und deine Ziele erreichst. So ein Online-Studium braucht ja einiges an Engagement, Durchhaltewillen und zeitlicher Investition.
Die innere Stimme hat durchaus ihre Berechtigung. Aber darf das heissen, dass sie ständig am Steuer steht? Dass sie über deine ganze Zeit verfügt, an sieben Tagen pro Woche?
Selbst die motivierende innere Stimme braucht ab und zu eine Pause.
Du kannst deinen Geist auf verschiedene Arten frei machen:
Spaziere ein paar Minuten durch einen blühenden Park, setz dich an einen Fluss, um nur auf das vorbeiziehende Wasser zu schauen.
Du kannst auch zehn Minuten zu Fuss vom Bahnhof zur Arbeit gehen.
All dies ist Ruhezeit fürs Gehirn.
Clever ist, wer sich solche Erholungszeiten und Entspannungsmomente verbindlich in den Tages- oder Wochenplan einträgt. Sonst ist das Risiko nämlich gross, dass sie nicht stattfinden – weil in unserem hektischen Leben sowieso gleich wieder die nächste Aufgabe droht.
Frage dich: Was habe ich davon, wenn ich mir diese Pause jetzt nehme? Und was ist die (langfristige) Konsequenz, wenn ich sie mir nicht nehme?
Unsere Natur sieht eine ganz besondere Erholungsphase vor: den Schlaf.
Heute wissen wir aus der Bildungsforschung, dass Tiefschlaf unsere Lernfähigkeit sichert.
Die Länge des Tiefschlafs hängt direkt von unserer Schlafdauer ab. Wer also nicht genügend lang schläft, erlebt nicht genügend Tiefschlafphasen.
Und wer immer wieder den Schlaf hinausschiebt, um noch länger zu lernen, tut dies zwar in bester Absicht, riskiert aber auf Dauer eine Verschlechterung von Konzentration, Aufnahmevermögen und Gedächtnis.
Studien haben gezeigt, dass ein kurzer Schlaf nach einer Lernphase sogar dazu führt, dass das Gelernte besser behalten wird.
Freunde und Freundinnen des Mittagsschläfchens dürfen sich also getrost ihrer Schlaflust hingeben.
Unter folgenden Voraussetzungen: Hände weg vom Smartphone, wirklich zu schlafen, einen Wecker zu stellen und nach maximal 20 Minuten wieder aufzustehen.
Wer tagsüber länger schläft, riskiert wiederum den Nachtschlaf – und das ist ja nicht der Sinn der Sache.
Klingt das alles kompliziert? Im Grunde ist es einfach: